Das sind die 7 Persönlichkeitsmerkmale von Menschen, die ständig Überstunden machen, laut Psychologie

Kennst du auch diese Kollegen, die scheinbar im Büro wohnen? Während alle anderen längst zu Hause sind und Netflix schauen, tippen sie immer noch fleißig in die Tasten und beantworten E-Mails um 22 Uhr. Falls du dich schon mal gefragt hast, was in den Köpfen dieser Dauerbrenner vor sich geht – die Wissenschaft hat darauf ziemlich faszinierende Antworten gefunden.

Es liegt nicht nur daran, dass sie ihre Arbeit so wahnsinnig lieben. Tatsächlich gibt es bestimmte Persönlichkeitsmuster, die Menschen dazu bringen, ständig Überstunden zu machen. Und diese Muster sind oft ziemlich vorhersagbar.

Die Gewissenhaften – oder: Wenn Pflichtbewusstsein zur Obsession wird

Das Sozio-oekonomische Panel, eine der größten Langzeitstudien Deutschlands, hat über Jahre hinweg untersucht, wie Persönlichkeit und Arbeitsverhalten zusammenhängen. Das Ergebnis ist eindeutig: Menschen mit hoher Gewissenhaftigkeit arbeiten deutlich häufiger Überstunden als andere.

Was bedeutet das konkret? Diese Menschen haben ein überdurchschnittlich ausgeprägtes Pflichtbewusstsein, sind extrem zielstrebig und können schlecht loslassen, wenn etwas noch nicht perfekt ist. Sie sind die Typen, die eine E-Mail fünfmal überarbeiten, bevor sie auf „Senden“ drücken, und die nachts nicht schlafen können, wenn am nächsten Tag eine wichtige Präsentation ansteht.

Das Problem dabei? Ihr Gehirn ist darauf programmiert, immer noch eine Sache mehr zu erledigen. „Nur noch schnell diese eine Aufgabe“ wird zu ihrem Lebensmotto – und plötzlich sind es 21 Uhr und sie sitzen immer noch am Schreibtisch.

Der Perfektionismus-Teufelskreis

Hier wird es richtig interessant: Forschungen der Universität Mannheim zeigen, dass sich Persönlichkeit und Berufswahl gegenseitig verstärken. Menschen mit perfektionistischen Tendenzen suchen sich unbewusst Jobs und Teams, die genau diese Eigenschaften belohnen und fördern.

Das führt zu einem Teufelskreis. Je mehr sie arbeiten, desto höher werden ihre eigenen Ansprüche. Und je höher die Ansprüche, desto mehr Zeit brauchen sie, um ihre eigenen Standards zu erfüllen. Was gestern noch „wow, super Leistung“ war, ist heute der Normalzustand. Und morgen muss es natürlich noch besser werden.

Diese Perfektionisten haben oft ein gestörtes Verhältnis zu dem Wort „genug“. In ihrer Welt gibt es immer noch etwas zu optimieren, noch einen Fehler zu finden, noch eine Verbesserung zu machen. Das macht sie zu fantastischen Mitarbeitern – aber auch zu chronischen Überstunden-Kandidaten.

Das Kontrollfreak-Phänomen

Ein weiteres typisches Merkmal von Dauerarbeitern ist ihr ausgeprägtes Kontrollbedürfnis. Diese Menschen haben große Schwierigkeiten dabei, Aufgaben zu delegieren, weil sie fest davon überzeugt sind, dass niemand sonst die Arbeit so gut machen kann wie sie selbst.

„Bis ich es jemandem erklärt habe, kann ich es auch gleich selbst machen“ – diesen Satz kennst du bestimmt. Das Problem ist nur: Diese Denkweise führt dazu, dass sie sich komplett überladen. Sie werden zum Flaschenhals ihres eigenen Erfolgs.

Psychologisch gesehen steckt dahinter oft eine tiefe Unsicherheit. Kontrolle abzugeben bedeutet, Vertrauen zu schenken – und das fühlt sich für viele Menschen bedrohlich an. Lieber arbeiten sie bis zum Umfallen, als das Risiko einzugehen, dass etwas nicht nach ihren Vorstellungen läuft.

Wenn „Nein“ zum Fremdwort wird

Menschen, die ständig Überstunden machen, haben oft ein Problem mit einem kleinen, aber mächtigen Wort: „Nein“. Das liegt häufig an einem anderen Persönlichkeitsmerkmal aus dem Big-Five-Modell – der Verträglichkeit.

Hochverträgliche Menschen wollen anderen gefallen und Konflikte vermeiden. Jede zusätzliche Aufgabe wird angenommen, jede Deadline akzeptiert, auch wenn der Kalender bereits überquillt. Sie haben panische Angst davor, als unkooperativ oder faul zu gelten.

Das Tragische daran: Während sie versuchen, es allen recht zu machen, machen sie sich selbst das Leben zur Hölle. Ihr Terminkalender wird zur Tetris-Partie, bei der immer noch ein Block mehr reingedrückt werden muss.

Die Anerkennung als süchtig machende Belohnung

Jetzt kommen wir zu einem richtig spannenden Punkt: Viele chronische Überstunden-Macher sind süchtig nach Anerkennung. Und das ist nicht übertrieben gemeint – neurologische Studien zeigen tatsächlich, dass soziale Anerkennung im Gehirn ähnliche Belohnungsmechanismen aktiviert wie Suchtmittel.

Diese Menschen leben für das Gefühl, unentbehrlich zu sein. Ein Lob vom Chef, ein dankbarer Blick vom Kollegen, ein Kommentar wie „Was würden wir nur ohne dich machen?“ – das sind ihre Drogen. Und wie bei jeder Sucht muss die Dosis ständig erhöht werden.

Was gestern noch beeindruckend war, ist heute normal. Also müssen noch mehr Stunden her, noch mehr Einsatz, noch mehr Opferbereitschaft. Es ist ein Hamsterrad, aus dem sie alleine schwer wieder herauskommen.

Wenn Arbeit zur Identität wird

Besonders kritisch wird es, wenn Menschen ihre gesamte Identität aus der Arbeit beziehen. Während andere ihr Selbstbild aus verschiedenen Lebensbereichen speisen – Familie, Freunde, Hobbys, Sport –, konzentriert sich bei ihnen alles auf den Job.

Das macht sie extrem verletzlich. Wenn die Arbeit mal nicht läuft, bricht ihr ganzes Selbstbild zusammen. Gleichzeitig vernachlässigen sie systematisch alle anderen Lebensbereiche, was ihre Abhängigkeit vom Beruf nur noch verstärkt.

Sie werden zu emotionalen Einbeinstühlen – und jeder weiß, wie wackelig die sind.

Das Hochstapler-Syndrom im Büroalltag

Tief unter der Oberfläche vieler Dauerarbeiter schlummert eine irrationale, aber mächtige Angst: die Angst, als Hochstapler entlarvt zu werden. Das sogenannte Impostor-Syndrom betrifft einen überraschend großen Anteil der Berufstätigen, besonders in leistungsorientierten Jobs.

Diese Menschen sind fest davon überzeugt, dass sie ihren Erfolg nur dem Zufall verdanken und dass früher oder später alle merken werden, dass sie eigentlich keine Ahnung haben. Überstunden werden dann zu einer Art Versicherung gegen diese Entdeckung.

„Solange ich mehr arbeite als alle anderen, kann mir niemand vorwerfen, faul zu sein.“ „Solange ich immer erreichbar bin, gelte ich als zuverlässig.“ „Solange ich als Erste komme und als Letzte gehe, bin ich sicher.“ Diese Gedankenschleifen kennen viele Überstunden-Veteranen nur zu gut.

Der Märtyrer-Komplex

Irgendwann entwickelt sich bei chronischen Überstunden-Machern oft eine Art Märtyrer-Komplex. Sie sind stolz auf ihre Opferbereitschaft und erwarten insgeheim, dass andere das würdigen. Wenn das nicht passiert, fühlen sie sich unverstanden und missverstanden.

Sie verstehen nicht, wie andere Menschen ihre Arbeit „einfach liegenlassen“ können. Für sie fühlt sich das verantwortungslos und unprofessional an. Sie sehen sich als die Helden des Büros – auch wenn das niemand von ihnen verlangt hat.

Wenn Teams sich gegenseitig anstecken

Besonders perfide wird es, wenn sich Menschen mit ähnlichen Persönlichkeitsmustern in Teams zusammenfinden. Das ASA-Modell der Organisationspsychologie beschreibt dieses Phänomen: Ähnliche Menschen ziehen sich an, wählen ähnliche Arbeitsplätze und verdrängen nach und nach diejenigen, die nicht ins Schema passen.

So entstehen Arbeitsmilieus, in denen Überstunden nicht nur normal, sondern praktisch erwartet werden. Wer „nur“ seine regulären acht Stunden arbeitet, wird schief angeschaut. Es entsteht eine Kultur des Selbstausbeutung, die sich selbst verstärkt.

In solchen Teams entwickelt sich oft eine Art unausgesprochener Wettbewerb: Wer bleibt am längsten? Wer antwortet auch am Wochenende auf E-Mails? Wer verzichtet als Erster auf seinen Urlaub? Es ist wie ein Spiel, bei dem alle verlieren.

Arbeit als emotionales Versteck

Für viele Dauerarbeiter hat das Büro noch eine andere Funktion: Es ist ein Zufluchtsort vor den Unwägbarkeiten des Privatlebens. Dort haben sie Kontrolle, dort kennen sie die Regeln, dort bekommen sie direktes Feedback und klare Ziele.

Das Privatleben hingegen ist chaotisch, unberechenbar und manchmal schmerzhaft. Beziehungsprobleme, familiäre Konflikte, existenzielle Fragen – all das lässt sich wunderbar verdrängen, wenn man sich in To-Do-Listen und Deadlines vergräbt.

Die Arbeit wird zur Komfortzone, auch wenn sie eigentlich stressig ist. Es ist ein Stress, den sie verstehen und kontrollieren können – im Gegensatz zu den emotionalen Herausforderungen zu Hause.

Die Gewohnheitsfalle

Irgendwann passiert etwas Faszinierendes: Das Überstunden-Verhalten verselbstständigt sich komplett. Was einmal bewusste Entscheidungen waren, wird zur automatischen Gewohnheit. Diese Menschen wissen gar nicht mehr, wie es sich anfühlt, pünktlich Feierabend zu machen.

Ihr Gehirn hat sich an den Dauerstress gewöhnt. Der Adrenalinstoß der ständigen Deadline-Jagd wird zur Normalität. Ohne diesen Kick fühlen sie sich seltsam leer und unproduktiv.

Pausen und Entspannung werden zu Fremdwörtern. Sie haben verlernt, einfach mal nichts zu tun, ohne schlechtes Gewissen zu bekommen.

Den eigenen Typ erkennen

Falls du dich in diesen Beschreibungen wiedererkennst, ist das kein Grund zur Panik. Gewissenhaftigkeit, Perfektionismus und ein gewisses Kontrollbedürfnis sind erst mal keine schlechten Eigenschaften. Im Gegenteil – sie können zu außergewöhnlichen Leistungen führen.

Problematisch wird es nur, wenn diese Eigenschaften dich beherrschen, statt dass du sie bewusst einsetzt. Wenn aus „ich arbeite gerne und gut“ ein „ich kann nicht aufhören zu arbeiten“ wird.

Der erste Schritt zur Veränderung ist immer das Bewusstsein für die eigenen Muster. Warum machst du Überstunden? Was treibt dich wirklich an? Welche Ängste und Bedürfnisse stecken dahinter?

  • Machst du Überstunden, weil du wirklich so viel zu tun hast – oder weil du nicht delegieren kannst?
  • Arbeitest du länger, weil die Aufgaben es erfordern – oder weil du Angst hast, als faul zu gelten?
  • Bleibst du im Büro, weil du deine Arbeit liebst – oder weil du zu Hause Problemen aus dem Weg gehst?
  • Schiebst du Überstunden, weil es objektiv notwendig ist – oder weil du süchtig nach Anerkennung bist?

Die gute Nachricht? Persönlichkeitsmerkmale sind nicht in Stein gemeißelt. Menschen können lernen, anders mit ihren Eigenschaften umzugehen. Der Perfektionist kann lernen, „gut genug“ zu akzeptieren. Der Kontrollfreak kann lernen zu delegieren. Und der Anerkennungssüchtige kann lernen, sein Selbstwert auf mehrere Säulen zu stellen.

Ehrliche Antworten auf diese Fragen können der Anfang einer wichtigen Veränderung sein. Denn am Ende des Tages geht es nicht darum, weniger gewissenhaft oder ehrgeizig zu sein. Es geht darum, diese wertvollen Eigenschaften bewusst und gesund einzusetzen – statt von ihnen beherrscht zu werden.

Die Wissenschaft zeigt uns, dass bestimmte Persönlichkeitstypen anfälliger für Überstunden sind. Aber sie zeigt uns auch, dass wir nicht hilflos unseren Mustern ausgeliefert sind. Wir können lernen, unser Verhalten zu verstehen und zu steuern. Das ist vielleicht die wichtigste Überstunde, die du je machen könntest – die Zeit, die du in dich selbst investierst.

Was treibt dich wirklich zu Überstunden?
Perfektionismus
Kontrollbedürfnis
Anerkennungssucht
Konfliktvermeidung
Flucht aus dem Privatleben

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